„Innovation gelingt nur durch Tatendrang!“
Susan Käppeler gibt einen Ausblick, wie mehr Tempo in die Energiewende kommt und welche Rolle die intelligente Vernetzung von einzelnen Energieinseln dabei spielt. Außerdem erklärt die Country Managerin DACH bei sonnen, was smarte Stromspeicher und virtuelle Kraftwerke damit zu tun haben.
sonnen hat eine klare Vision: Saubere und bezahlbare Energie für alle. Wie sieht Ihre ideale Energiewelt im Jahr 2045 aus? Dem Jahr, in dem Deutschland klimaneutral sein will.
2045 müssen die erneuerbaren Energien die klare Nummer eins unserer Energieträger sein. Sonne und Wind werden durch Millionen PV- und Windkraftanlagen nahezu den gesamten Energiebedarf in Deutschland decken. Für mich ist dieses Szenario nicht nur ein Ideal. Ich würde es mehr als Zielbild bezeichnen, an das ich wirklich glaube. Weil ich mir sicher bin, dass wir den Weg kennen, der uns da hinführen kann.
Und wie sieht dieser Weg aus?
Das fängt mit der privaten Energiewende im Eigenheim an. Der Dreiklang lautet hier: Digitalisierung, Incentivierung, Automatisierung. Erst müssen wir Haushalte, die Strom produzieren, mithilfe von Smart Metern aus ihrem analogen Dornröschenschlaf holen. Dann müssen wir sie über finanzielle Anreize zu Partnern machen und auch untereinander vernetzen. Und zu guter Letzt muss der gesamte Prozess nahezu von selbst ablaufen.
Das klingt zwar komplex, ist durch unser virtuelles Kraftwerk für unsere Kundinnen und Kunden aber verblüffend simpel und funktioniert schon heute. Damit wird die Energiewelt 2045 nicht nur sauber und bezahlbar sein, sondern gleichzeitig dezentral und gemeinschaftlich vernetzt.
„Durch unsere intelligente Vernetzung
sparen Haushalte bares Geld.“
Deutschland erlebt gerade einen Solarboom. Bereits im September war das PV-Ausbauziel für 2023 erreicht. Wie nehmen Sie diesen Aufschwung wahr?
Nicht nur innerhalb Deutschlands, auch über Ländergrenzen hinweg begrüßen wir diesen Aufschwung im Bereich der Solarenergie natürlich. Allerdings dürfen wir uns darauf nicht ausruhen. Es gibt nach wie vor jede Menge zu tun.
Und allein mit dem Ausbau von PV-Anlagen lösen wir die großen Fragen der Energiewende nicht nachhaltig. Es sind ganzheitliche Lösungen gefragt, die zu Ende gedacht sind.
Denn wie halten wir beispielsweise trotz steigender Volatilität und zunehmender Dezentralität das Stromnetz dauerhaft stabil? Wie schaffen wir es, dass die Millionen Elektroautos von morgen in unsere Stromnetze passen? Wie können wir Privathaushalten und Gewerbekunden langfristige Planbarkeit und Kosteneffizienz bieten? Wie garantieren wir, dass die großflächig gewonnene saubere Energie genau dort genutzt werden kann, wo gerade Bedarf besteht? Und wie profitieren einzelne Haushalte und Energieinseln vom Auf und Ab an der Strombörse?
Das sind die essenziellen Problemstellungen der Energiewende, die ja auch eine Verkehrs- sowie eine Wärmewende beinhaltet und stemmen muss, wie Sie schon angeschnitten haben. Welche Antworten bietet sonnen auf diese treibenden Fragen?
Für uns steht fest: Keine PV-Anlage, kein Windrad, kein Stromspeicher allein wird die Energiewende schaffen. Der entscheidende Schlüssel ist die Vernetzung. Die Vernetzung ist nicht nur Beschleuniger, sondern Grundvoraussetzung für die Energiewende.
Darin haben Sie reichlich Erfahrung und gelten als Pionier der Branche.
In der Tat. Als erster Anbieter in Deutschland vernetzen wir bei sonnen private Heimspeicher zu einem virtuellen Kraftwerk, dem Kraftwerk der Zukunft. Gemeinsam mit unseren Fachpartnern haben wir ein System errichtet, mit dem sauberer Strom zum richtigen Zeitpunkt an den richtigen Ort kommt, indem es Tausende einzelne Energiespeicher zu einer virtuellen Großbatterie vernetzt.
Das bringt die Energiewende voran und bietet gleichzeitig Vorteile für die Batteriebesitzer: Durch die gemeinschaftliche Vermarktung von dem Solarstrom, der nicht für den Eigenverbrauch genutzt werden kann, entstehen finanzielle Vorteile, die wir im Rahmen unserer Stromverträge an unsere Kunden und Kundinnen weitergeben.
Das virtuelle Kraftwerk bringt aber vor allem ein Plus an Flexibilität in das System der dezentralen Energieversorgung. Durch die Vernetzung ist es nämlich möglich, Schwankungen im Stromnetz punktgenau auszugleichen. Das sonnenVPP kann blitzschnell die Leistung erhöhen oder drosseln, wenn irgendwo ein Überschuss oder Mangel an Energie auftritt.
Das ist eine Aufgabe, die bislang vor allem von fossilen Großkraftwerken erbracht wurde.
Und die können und werden eines nach dem anderen ersetzt. Auch dank der Mitglieder der sonnenCommunity, die so einen zusätzlichen Beitrag zur Energiewende und zur Verringerung des CO₂ Ausstoßes leisten – und ganz nebenbei auch davon profitieren. Denn auch über diese Netzdienstleistungen verdient das sonnenVPP Geld, das mit einem Bonus an sonnenFlat Kunden ausbezahlt wird.
Inzwischen spart die sonnenCommunity insgesamt etwa 212 000 Tonnen CO₂ pro Jahr durch die Nutzung unserer Produkte ein. Das entspricht der Menge CO₂, die erst durch 434 000 Bäume wieder aufgenommen werden könnte.
„Unsere Technologie ist
Made in Germany, für die Welt.“
Mehr zur Produktion im Allgäuer Energiedorf Wildpoldsried lesen Sie hier.
Neben Batteriespeichern haben Sie auch angekündigt, E-Autos in das virtuelle Kraftwerk einzubinden. Welche Vorteile bringt diese Komplettvernetzung für den Einzelnen sowie die Stromnetze insgesamt?
Unser Portfolio verbindet alle Energielösungen rund ums Eigenheim, aber auch für Gewerbekunden: PV-Anlage, Stromspeicher, Stromtarife, Notstromlösung, E-Auto mit Ladestation und eine unkomplizierte Anbindung von Wärmepumpen ausgewählter Hersteller.
Durch die intelligente Vernetzung entsteht der größtmögliche Mehrwert für Haushalte – ein optimal aufeinander abgestimmter Energiehaushalt. Der Einzelne spart dadurch bares Geld und holt das Beste aus seiner Investition raus.
Was die Stromnetze betrifft, geht es auch hier wieder um die Fähigkeit, zu entlasten oder aktiv zu stabilisieren und damit die erneuerbaren Energien insgesamt zu stärken. E-Autos im Speziellen können so vom reinen Transportmittel zum aktiven Teil des Energiesystems werden. Und das, während sie im Alltag ganz normal genutzt werden. Kurzfristige Netzschwankungen werden durch die Speicherkapazität von E-Autos im virtuellen Kraftwerk abgefedert und smarte Ladevorgänge wiederum vermeiden eine Überlastung des Netzes zu bestimmten Tageszeiten.
Darüber hinaus ist auch die Integration von Wärmepumpen als Teil von sonnens virtuellem Kraftwerk geplant. In diesem intelligenten Netzwerk kann die Wärmepumpe gezielt dann aktiviert werden, wenn das Angebot am Strommarkt gerade höher als der Verbrauch ist. Damit stabilisieren sie ebenfalls das Stromnetz, indem sie Erzeugungs- und Verbrauchsspitzen glätten.
sonnen steht für eine Erfolgsgeschichte: Von zehn auf 1.000 Mitarbeiter in zehn Jahren. Wie wurde so ein schnelles Wachstum möglich und wie sieht es hinter den Kulissen bei sonnen aus?
Das schnelle Wachstum geht Hand in Hand mit dem wachsenden Einsatz erneuerbarer Energie in Privathaushalten. Schon die ersten Generationen der sonnenBatterien erfreuten sich großen Interesses und auch heute in der 10. Generation ist die Nachfrage sehr hoch.
sonnen ist und bleibt seinem Ursprung im Allgäuer Energiedorf Wildpoldsried verbunden. Unsere Technologie ist Made in Germany, für die Welt. Während wir unser Produkt-Portfolio in immer mehr Ländern anbieten, bauen wir unsere Produktion in Deutschland aus. Im Mai 2023 haben wir die nächste Ausbaustufe der Produktionskapazität von 120 000 Speichersystemen pro Jahr erreicht.
Allerdings wachsen wir natürlich nicht nur seitens der Produktion. Als Arbeitgeber mit klarem Nachhaltigkeitsziel und Innovationsführerschaft freuen wir uns an allen Standorten und in allen Abteilungen über neue Experten und talentierte Nachwuchskräfte. Hier kommen viele schlaue Köpfe und leidenschaftliches Engagement zusammen. Wichtig bleibt ein lebendiger und regelmäßiger Dialog über alle Ebenen hinweg – vom Azubi bis zum Geschäftsführer. Den fördern wir aktiv und in alle Richtungen. Denn nicht nur als Antwort auf die Energiewende, auch für das tägliche Miteinander und eine wirksame Zusammenarbeit wird Vernetzung bei uns großgeschrieben.
Welche Herausforderungen sehen Sie im Jahr 2024 auf dieses große Team bei sonnen zukommen?
Wir werden dafür sorgen, dass der Ausbau von PV-Anlagen mit Stromspeichern genau wie unseren weiteren vernetzten Energielösungen nicht an Geschwindigkeit nachlässt und wir zahlreiche neue Mitglieder der sonnenCommunity gewinnen. Das gilt nicht nur für Eigenheim-Besitzer, sondern auch für Gewerbe, Industrie und Landwirtschaft.
Gleichzeitig können wir es uns in Deutschland generell nicht länger leisten, die einzelnen Sektoren wie Energie, Mobilität und Wärme isoliert zu betrachten. Denn wir belasten damit nicht nur unser Netz, sondern verschenken auch enormes Potenzial. Über unser virtuelles Kraftwerk werden wir diese losen Enden immer weiter verbinden.
„Der Komplexität unserer Zeit
können wir nur als Gemeinschaft begegnen.“
Was treibt Sie persönlich an, genau hier Tag für Tag weiterzumachen und sich für die drängende Energiewende einzusetzen?
Wir alle begegnen ständig neuen Herausforderungen. Man kann darauf warten, dass andere etwas verändern. Oder es selbst in die Hand nehmen.
Innovation gelingt nur durch das Zusammenspiel aus durchdachten Konzepten und der richtigen Portion Tatendrang. Wenn die Energiewende gelingen soll, braucht es nicht nur neue Technologien und Infrastrukturen – es braucht auch ein frisches, agiles und integratives Unternehmertum, das all das auf die Straße bringt. Bei sonnen trifft Start-up-Spirit auf Operational Excellence; der ideale Mix, um das Energiesystem zu transformieren.
Mein Anspruch ist es, die Aufgaben fokussiert anzupacken und bestimmt voranzugehen. Das treibt mich persönlich an. Und wenn der erste Ansatz nicht zum gewünschten Ergebnis führt, haben wir schon einen Plan B. Gleichzeitig bin ich der Überzeugung, dass wir zusammenzubringen müssen, was zusammengehört. Denn der Komplexität unserer Zeit können wir nur als Gemeinschaft begegnen. Energiewende? Einfach mal machen.
Das Interview erschien im Original in der Langstrecke „Smarte Energiewende“ der Süddeutschen Zeitung. Mehr dazu finden Sie hier.