Intelligentes Stromnetz erlaubt Energiehandel mit Nachbarn
Länger als ein halbes Jahr haben sieben Haushalte im bayerischen Dietfurt erfolgreich das Energiesystem der Zukunft simuliert. Im Projekt BASE.V konnten sie zeigen, dass ein Stromhandel zwischen einzelnen Haushalten eine Lösung sein kann, um schwankende Energieerzeugung und einen steigenden Stromverbrauch in Einklang zu bringen, ohne die Netzstabilität und eine sichere Versorgung zu gefährden.
Wildpoldsried/Dietfurt, 07. September 2022 - Was passiert eigentlich im Stromnetz, wenn in Zukunft die Zahl der Haushalte weiter steigt, die mit einer Photovoltaik-Anlage selbst Strom erzeugen, die einen Speicher haben und die elektrisch fahren? Dieser Frage ist das von der Technischen Universität München (TUM) initiierte Projekt BASE.V sechs Monate lang nachgegangen.
Das Ergebnis zeigt: Der gegenseitige Kauf und Verkauf von Strom kann bei wirtschaftlichem Anreiz Verbrauchsspitzen senken und Engpässe vermeiden, so dass die Netzstabilität bei intelligenter Steuerung profitiert. Darüber hinaus konnte das Modell der TUM bestätigt werden, nachdem schon wenige Haushalte genügen, um nachbarschaftlichen Energiehandel in Gang zu bringen.
Die sieben Test-Haushalte im bayerischen Dietfurt wurden von der Firma sonnen jeweils mit einer PV-Anlage, einem stationären Batteriespeicher (sonnenBatterie) und einem E-Auto mit Ladestation (sonnenCharger) ausgestattet. Über eine zentrale Peer-to-Peer-Handelsplattform konnten die Teilnehmer Strom kaufen oder verkaufen. Ausgeführt wurden die einzelnen Handelsaufträge per „Smart Contracts“, die über ein Blockchain-Gateway des Computer- und Kommunikations-Spezialisten Moxa abgewickelt wurden.
Nachbarschaftlicher Stromhandel mit Erfolg
Martin Jenkner, Projekt Manager, Moxa Europe: „Die besonderen Anforderungen eines Feldexperiments haben die leichte Fernwartungsfähigkeit unserer IIoT Plattform bestätigt. Keine einzige Änderung erforderte einen Besuch unserer Experten vor Ort. Wir konnten während des gesamten Versuchs jedes gewünschte Update von Ferne auf das Gateway aufspielen.“ Das Ziel des nachbarschaftlichen Stromhandels war es, Spitzenlasten so zu verteilen, dass das Stromnetz nicht überlastet wird und dabei gleichzeitig ein wirtschaftlicher Vorteil für die Haushalte entstand.
„Bereits heute speisen mehr als 350.000 dezentrale Erzeugungsanlagen in das regionale Stromnetz der Bayernwerk Netz GmbH ein. Zur steigenden Zahl dezentraler PV-Anlagen auf der Erzeugerseite kommen immer mehr Wärmepumpen und Elektroautos auf der Verbraucherseite. Zusammen mit einer hohen Gleichzeitigkeit in Verbrauch und Erzeugung stellt dies eine große Herausforderung für das Ortsnetz dar“, erklärt Projektleiter Stefan Bergermeier von der Bayernwerk Netz.
Das Projekt BASE.V kann hier einen positiven Ausblick geben. Es hat das Modell der TUM bestätigt, in dem vorhergesagt wurde, dass schon bei sieben Haushalten die Unterschiede in Verbrauchs- und Erzeugungsverhalten so groß sind, dass Energie untereinander gehandelt wird. Die Netzstabilität wurde dabei von Bayernwerk Netz durch die dynamische Anpassung der Netzentgelte unterstützt. Die Steuerung erfolgte gemäß dem Ampelmodell des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft bei Netzengpässen im Stromnetz: Bei Grün gibt es keinerlei Einschränkungen. Wer gerade zu viel Strom hat, kann ihn selbst verbrauchen, ins Netz einspeisen oder an den Nachbarn verkaufen. Bei Gelb droht ein Netzengpass, der durch hohe Einspeisung oder Verbrauch entstehen kann. Hier wurde das Netzentgelt angepasst. Bei Rot muss ein Netzbetreiber umgehend eingreifen und durch Redispatch 2.0 eine akute Netzüberlastung verhindern.
Im Feldversuch konnte die Bayernwerk Netz durch dynamische Anpassung der Netzentgelte in der gelben Ampelphase die Wahrscheinlichkeit von roten Ampelphasen verringern. Wirtschaftliche Anreize führten also automatisch zu mehr Netzstabilität. Die entscheidende Rolle spielten dabei die Flexibilität der stationären Stromspeicher und der Elektroautos. Ein ausgeklügelter Energiemanagement-Algorithmus der TUM beeinflusste nicht nur die Ladestrategie des stationären Speichersystems, sondern auch die des E-Autos.
Das Projekt hat gezeigt, dass der anreizbasierte, nachbarschaftliche Stromhandel den erforderlichen Netzausbaus sinnvoll ergänzt. „Peer-to-Peer-Handel zwischen Haushalten ist keine Zukunftsmusik, sondern mit den technischen Möglichkeiten heute umsetzbar. Sowohl bei den Speichermöglichkeiten als auch bei der intelligenten Steuerung. Um den Menschen solche Lösungen zugänglich zu machen, benötigen wir eine digitale Energie-Infrastruktur, in der Smart-Meter die absolute Grundvoraussetzung sind. Aber auch einen regulatorischen Rahmen, der diejenigen wirtschaftlichen Anreize ermöglicht, die sich in dem Projekt erfolgreich bewährt haben“, sagt Susan Käppeler, Country Managerin sonnen DACH.
Das Forschungsprojekt BASE.V wurde mit Mitteln des Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie gefördert im Rahmen des Programms BayVFP Förderlinie Digitalisierung (Förderkennzeichen: DIK-1908-0008), unterstützt durch die Bayern Innovativ – Bayerische Gesellschaft für Innovation und Wissenstransfer GmbH und vom Projektträger VDI/VDE Innovation + Technik GmbH betreut.
sonnen GmbH
Die sonnen Gruppe ist einer der weltweit führenden Hersteller von intelligenten Stromspeichern und Vorreiter für Technologien eines sauberen, dezentralen und vernetzten Energiesystems. Als ein schnell wachsendes Technologieunternehmen wurde sonnen bereits mit zahlreichen internationalen Preisen für seine Innovationen ausgezeichnet. Mit der sonnenCommunity vereint sonnen alle Kunden zu einer weltweit einzigartigen Energiegemeinschaft. Durch das virtuelle Kraftwerk von sonnen bietet das Unternehmen ganz neue und hochinnovative Energiedienstleistungen für Netzbetreiber und Privathaushalte an. sonnen ist mit seinen Produkten in zahlreichen Ländern vertreten und unterhält eigene Standorte in Deutschland, Italien, UK, Australien, Spanien und den USA. sonnen eine hundertprozentige Tochtergesellschaft von Shell und gehört zur Geschäftseinheit Renewables and Energy Solutions.
Bayernwerk Netz GmbH
Seit 100 Jahren steht der Name Bayernwerk für eine sichere und zuverlässige Energieversorgung im Freistaat. Die Bayernwerk Netz GmbH nimmt dabei als Netzbetreiber eine Schlüsselrolle ein. Damit jetzt und in Zukunft immer mehr Energie aus erneuerbaren Quellen zur Verfügung steht, ist ein modernes, intelligentes Stromnetz erforderlich. Deshalb setzt das Unternehmen auf Digitalisierung und Innovation, unterstützt zahlreiche wissenschaftliche Projekte und arbeitet systematisch am Ausbau der Energienetze. Die Bayernwerk Netz GmbH versorgt insgesamt rund sieben Millionen Menschen mit Energie. Sie ist in den bayerischen Regionen Unter- und Oberfranken, Oberpfalz sowie Nieder- und Oberbayern aktiv und damit der größte regionale Verteilnetzbetreiber in Bayern: Das Stromnetz umfasst 156.000 Kilometer, sein Gasnetz 6.000 Kilometer und das Straßenbeleuchtungsnetz 34.600 Kilometer. In den Energienetzen verteilt das Unternehmen zu 70 Prozent elektrische Energie aus erneuerbaren Quellen. Dafür sorgen 350.000 dezentrale Erzeugungsanlagen, die in das Netz des Bayernwerks Ökostrom einspeisen. In Nord- und Ostbayern versorgt das Unternehmen Kunden auch über sein Erdgasnetz. Die Bayernwerk Netz GmbH ist an mehr als 20 Standorten im Land präsent. Sitz der Bayernwerk Netz GmbH ist Regensburg. Das Unternehmen ist eine 100-prozentige Tochter der Bayernwerk AG.
Moxa Europe GmbH
Moxa ist ein führender Hersteller von Lösungen für die industrielle Netzwerktechnik sowie für Computing- und Edge-Connectivity-Anwendungen, die die Konnektivität für das Industrial Internet of Things herstellen. Mit über 35 Jahren Branchenerfahrung hat Moxa mehr als 82 Millionen Geräte weltweit vernetzt und verfügt über ein Distributions- und Servicenetz, das Kunden in mehr als 80 Ländern erreicht. Moxas Kunden profitieren von zuverlässigen industriellen Netzwerken und Kommunikationsinfrastrukturen. Ganz nach dem Motto: Reliable Networks, Sincere Service. Weitere Informationen über die Lösungen von Moxa finden Sie unter www.moxa.com und www.moxa-europe.com.