Die Blockchain ist die nächste Evolutionsstufe der dezentralen Energieversorgung
Wenn über die Zukunft der Energiebranche gesprochen wird, fällt unweigerlichein Begriff: „Die Blockchain“. Doch was ist das eigentlich und wie funktioniert sie bei Energie?
Bekannt geworden ist der Begriff in Verbindung mit dem digitalen Zahlungssystem Bitcoin. Bitcoins sind weder einem bestimmten Land zugeordnet, noch kann man sie als einen Devisen-Vorrat hinter gut gesicherten Panzertüren von Großbanken finden. Das Zahlungssystem ist ausschließlich digital verfügbar und wird entgegen den bekannten Währungen, wie Euro und Dollar, nicht von nur einer Zentralbank verwaltet.
Der Unterschied zwischen einem klassischen Zahlungssytem und Bitcoins wird klar, wenn man sich eine Überweisung anschaut: Bei einer Überweisung über zehn Euro von einem Konto zu einem anderen, wird die Transaktion jeweils auf den zentralen Rechnern der beiden beteiligten Banken registriert. Beim Kauf von Gütern oder Dienstleistungen mit Bitcoins, wird diese Transaktion auf einer Vielzahl von Rechnern überall auf der Welt registriert. Das können Rechner von Privatpersonen sein oder auch von Unternehmen. Diese dezentrale Datenbank ist die Blockchain.
Informationen in einer Blockchain befinden sich aber nicht nur dezentral auf vielen Rechnern gleichzeitig. Es gibt viele weitere Vorteile. Transaktionen über eine Blockchain sind fortlaufend und lückenlos. Sie ist darüber hinaus besonders sicher gegen Manipulationen von außen. Gleichzeitig ist das System deutlich kostengünstiger, da keine zentrale und physische Verwaltung notwendig ist.
Was ist eine Blockchain und wie funktioniert sie bei Energie?
Eine Blockchain (englisch für Blockkette) ist eine Datenbank. Sie speichert bestimmte Vorgänge wie zum Beispiel Überweisungen von Konto A zu Konto B. Die Vorgänge werden in einzelnen Blöcken gespeichert – vereinfacht kann man sich einen Block als eine Seite oder ein Blatt Papier vorstellen. Die Transaktionen lassen sich aber nicht nur mit digitalem Geld, sondern mit allen möglichen Dingen durchführen. Wie zum Beispiel der Bezug von Strom aus dem Netz oder das Einspeisen von Energie in das Stromnetz.
Das sähe dann so aus: „Am 20.05.2017 wurden zwei Kilowattstunden in der sonnenBatterie Nr. 1 gespeichert“. sonnenBatterie Nr. 2 hat am gleichen Tag 2,5 Kilowattstunden gespeichert und sonnenBatterie Nr. 3 hat 1,5 Kilowattstunden in das Netz eingespeist.
Im Gegensatz zu einer Dokumentation auf nur einem zentralen Server - wie das heute der Fall ist - werden die einzelnen Vorgänge in einer Blockkette gespeichert und jeweils auf einer Vielzahl von Rechnern hinterlegt. Jede einzelne Transaktion – die gesamten Blockchain - wird verschlüsselt auf jedem einzelnen, dezentralen Rechner gespeichert.
Eine Blockchain ist besonders sicher gegen Manipulationen
Eine einzelne Transaktion wird mit einem individuellen und nachträglich nicht veränderbaren Hashwert versehen. Ein Hashwert ist eine codierte Zeichenkette und kann zum Beispiel so aussehen: „7ge593wx4“. Diese Zeichenkette wird anhand eines Algorithmus erstellt und ist das Ergebnis der Berechnung mit einer Hashfunktion.
Als Satz dargestellt lautet unsere Transaktion zum Beispiel: „Am 20.05.2017 wurden zwei Kilowattstunden in der sonnenBatterie Nr. 1 gespeichert“. Jeder einzelne, beliebig lange Bestandteil des Satzes wird mit der Hashfunktion auf eine feste Länge von Zeichen in eine kompakte Form gebracht - den Hashwert.
Der Hashwert dieser Transaktion „Am 20.05.2017 wurden zwei Kilowattstunden in der sonnenBatterie Nr. 1 gespeichert“ lautet somit: 34gd2e55msw2432gz1bvs5u9yq3. Diese individuelle Zeichenkette – die Prüfsumme – stellt die Integrität der Daten und somit des Vorgangs sicher, wie viel Strom jeweils in einer bestimmten sonnenBatterie gespeichert oder in das Netz eingespeist wurde.
Man kann sich eine Blockchain also tatsächlich wie die Seiten in einem Notizblock mit einzelnen Seiten vorstellen, die fortwährend beschrieben werden. In jedem einzelnen Block der Blockkette wird eine bestimmte Anzahl an Transaktionen mit ihrem jeweils individuellen Hashwert dokumentiert. Die einzelnen Hashwerte des Blocks werden als ein Wert aneinandergereiht. Sobald ein Block komplett mit der festgelegten Anzahl an Transaktionen gefüllt ist, werden die aneinandergereihten Hashwerte dieses Blocks wieder mit der Hashfunktion zu einem individuellen Hashwert für diesen einzelnen Block umgewandelt.
Ohne den vollständigen Hashwert des vorherigen Blocks kann kein neuer Block erstellt werden.
Wird nur ein einziges Zeichen – aus zwei wird nachträglich drei Kilowattstunden oder aus sonnenBatterie Nr. 1 wird sonnenBatterie Nr. 12 - verändert, stimmen der Hashwert dieser Transaktion, des einzelnen Blocks und allen danach erstellten Blöcken nicht mehr überein.
Die Manipulation wird sofort offensichtlich, da die gesamte Zeichenkette andere Werte annimmt und der Block als Teil der Blockkette ausgeschlossen.
sonnen integriert die Blockchain-Technologie in die sonnenCommunity
Als erster Energieanbieter weltweit integriert sonnen die Blockchain-Technologie, zusammen mit Tennet und IBM, um dezentrale Heimspeicher für Energiedienstleistungen zur Verfügung zu stellen. Zu solchen Energiedienstleistungen gehört zum Beispiel der Redispatch. Dazu später mehr.
Koordiniert und abgerechnet werden die jeweiligen Vorgänge automatisch über eine Blockchain, die jede einzelne kWh jedes Speichers transparent erfasst und zur Sicherheit aller Teilnehmer sowie der Netzbetreiber auf tausenden Rechnern hinterlegt. Gegenüber dem bisherigen Prozess, bei dem die Transaktionen zwischen jedem Speicher und den Netzbetreibern zentral dokumentiert und verwaltet werden, kann mit der Blockchain-Technologie erheblicher Aufwand und Kosten eingespart werden.
Redispatch-Maßnahmen sind notwendige Eingriffe in die Stromproduktion von konventionellen Kraftwerken und erneuerbaren Energiequellen. Am bekanntesten ist der Fall, wenn bei starkem Wind in Norddeutschland zu viel Energie für die Netze erzeugt wird. Die vorhandene Kapazität der Übertragungsleitungen reicht nicht, um diese Energie zum Beispiel in die Industriezentren in den Süden zu transportieren.
Das führt zu der absurden Situation, dass im Norden Windkraftanlagen abgeregelt oder abgeschaltet werden müssen, damit das Stromnetz nicht kollabiert. Im Süden müssen hingegen Gaskraftwerke hochgefahren werden, um den benötigten Strombedarf weiter abdecken zu können.
Diese Eingriffe nennen sich Redispatch. Redispatch-Maßnahmen sind teuer, da für die Abregelung der Windkraftanlagen, Entschädigungen an deren Betreiber bezahlt werden müssen. Kosten, die auf den Endverbraucher umgelegt werden. 2015 betrug der Aufwand für Redispatch-Maßnahmen in Deutschland bereits über eine Milliarde Euro.
Die Energiewende in Deutschland wird dadurch behindert, da saubere und nachhaltige Energie vernichtet wird und stattdessen etwa Gaskraftwerke hochgefahren werden.
Durch eine Kooperation mit dem Übertragungsnetzbetreiber TenneT und dem IT-Spezialisten IBM will sonnen an einer Lösung für das Problem arbeiten. Erstmals werden dezentrale Batteriespeicher für Redispatch-Maßnahmen in das Stromnetz in Deutschland integriert. Wird in Norddeutschland so viel Strom produziert, dass die Netzkapazität dafür nicht mehr ausreicht, können die vernetzten sonnenBatterien oberhalb des Übertragungsengpasses als Puffer-Speicher für die wertvolle Windenergie genutzt werden.
Gleichzeitig geben im Süden Deutschlands, also unterhalb des Übertragungsengpasses, tausende sonnenBatterien Strom in das Netz ab, um die benötigte Energie auszugleichen und den vorhandenen Bedarf mit abdecken zu können. Dadurch entsteht quasi eine „virtuelle Stromleitung“ von Nord nach Süd.
sonnenBatterien als virtuelle Stromleitung
Diese Lösung ist erheblich kostengünstiger für die Gesellschaft, da keine Windkrafträder abgeregelt werden müssen. Kostbarer Strom aus erneuerbaren Energiequellen geht nicht verloren. Die Einbindung der sonnenBatterien in das Stromnetz hilft somit die Energiewende ein weiteres Stück voran zu bringen.
Für die sonnenCommunity, Deutschlands erste dezentrale Stromgemeinschaft, ist der Blockchain-Prozess ein weiterer Entwicklungsschritt zu einer noch einfacheren und effizienteren Vernetzung von Batteriespeichern, Solaranlagen und Stromnetzen.
Für sonnen und die Energiebranche ist die Vernetzung tausender sonnenBatterien mit Blockchain-Technologie der Schlüssel dazu, Millionen kleiner Stromquellen, Prosumer und Verbrauchern den massenhaften und gleichzeitigen Austausch untereinander, überhaupt erst zu ermöglichen.
Tausende Speicher sind natürlich nicht genug, um den heute schon recht hohen Anteil der erneuerbaren Energien komplett zu puffern. Es geht eher darum, den ersten Schritt zu machen, denn die Energielandschaft ändert sich rasant.
Hätten zum Beispiel gerade mal 10 Prozent der 15 Millionen deutschen Ein- und Mehrfamilienhäuser eine Photovoltaik-Anlage und einen Stromspeicher, entspräche das 1,5 Millionen Anlagen. Bei einer durchschnittlichen Leistung von 4 Kilowatt des Speichers, käme der Speicherpool auf eine Leistung von 6 GW.
Dazu kommen ab 2020 die 1,6 Millionen bereits existierenden Photovoltaik-Anlagen in Deutschland, die dann nach und nach aus der Einspeisevergütung herausfallen. Da diese abgeschriebenen Anlagen dann extrem günstigen Strom produzieren, erhalten deren Besitzer kaum noch Einnahmen mit ihrem Strom. In den allermeisten Fällen wird sich dann der Eigenverbrauch mit einem Speicher lohnen. Auch hier wird eine gewaltige Speicher-Infrastruktur entstehen.
Wer noch weiter denkt, muss nur in unser Nachbarland, die Schweiz schauen. Swisscom Energy Solutions unterhält bereits einen Pool für Netzdienstleistungen, an den über 10.000 Wärmepumpen, Batteriespeichern und andere Geräte in der Schweiz, Frankreich, Deutschland und Österreich angebunden sind. Ist zu viel Strom im Netz, können diese Wärmepumpen Energie aufnehmen, indem sie ein paar Minuten früher aktiviert werden, als geplant. Ist zu wenig Strom im Netz, lässt sich ihr Start entsprechend verschieben. Damit lässt sich die Netzfrequenz kurzfristig stabil halten. sonnen arbeitet bereits mit Swisscom Energy Solutions im Bereich der Regelenergie in Deutschland und der Schweiz zusammen und verwendet dessen Technologie.
Es wird klar, dass die Zukunft der Energieversorgung aus Millionen von dezentralen Photovoltaik-Systemen, Windrädern, Speichern, Wärmepumpen, Elektroautos usw. bestehen. Nur mit der Blockchain-Technologie lassen sich all diese einzelnen Systeme miteinander vernetzen und Strom austauschen. Erst damit lassen sich 100 Prozent erneuerbare Energien bezahlbar für alle realisieren.