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Wissen | Stromspeicher

Netzdienstleistungen mit Batteriespeichern

Wer sich den deutschen Strommix von heute und von vor 20 Jahren anschaut, wird einen gewaltigen Unterschied feststellen: Knapp ein Fünftel des hier erzeugten Stroms kommen heute aus Wind- oder Sonnenkraft. 1997 musste man noch mit der Lupe hinschauen, denn damals lag dieser Anteil quasi noch bei null.Das ist eine große Errungenschaft, aber welche Auswirkungen hat das auf unser Energiesystem?

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Content Team

Jeder, der schon mal im Urlaub am Meer gewesen ist, konnte am eigenen Leib verspüren, wie wechselhaft Windstärke und Windgeschwindigkeit sein können. Gerade weht am Strand noch ein laues Lüftchen, bevor einem im nächsten Moment die Gischt mit voller Wucht ins Gesicht peitscht.

Für die Energiewirtschaft bedeuten diese Schwankungen eine echte Herausforderung. Im Fachjargon wird auch gern von Volatilität gesprochen. War die Stromerzeugung gerade noch unter der benötigten Menge für den aktuellen Bedarf, so kann im nächsten Moment ein Auffrischen des Windes für zu viel Energie sorgen.

Ähnlich sieht es bei Solarstrom aus. Auch hier gibt es wetterbedingte Schwankungen. Mal scheint den ganzen Tag die Sonne und liefert saubere Solarenergie im Überfluss, mal ist es zeitweise bewölkt, so dass es schnelle Wechsel in der Erzeugungsleistung gibt und manchmal scheint die Sonne auch den ganzen Tag gar nicht.

Um die Thematik richtig zu verstehen, muss man zurückschauen: Vor der Energiewende wurde Strom fast ausschließlich in zentralen Kraftwerken aus Kohle, Gas und Atomkraft erzeugt. Diese Erzeugung war verglichen mit heute sehr konstant. Schwankend war lediglich die Nachfrage, was sich aber anhand von Lastprofilen und Erfahrungswerten bewerkstelligen ließ. Anders heute. Der Anteil aus Wind- und Sonnenkraft macht knapp ein Fünftel am Strommix aus.

An manchen Tagen können es sogar 60 - 70 Prozent oder noch mehr sein. Was bedeutet es also, wenn nicht nur die Nachfrage schwankt, sondern auch ein erheblicher Teil des Stroms aus volatilen Quellen stammt? Um diese Herausforderung bewältigen zu können, müssen die Netzbetreiber immer häufiger in die Steuerung des Stromnetzes eingreifen. Ihnen stehen dabei zahlreiche Hilfsmittel und Dienstleistungen zur Verfügung.

Warum ist die konstante Netzfrequenz von 50 Hertz so wichtig?

Ein kritischer Punkt bei der Netzstabilität ist die Netzfrequenz. In Deutschland wird eine Netzfrequenz von 50 Hertz (Hz) Wechselspannung verwendet, die möglichst immer gleich sein sollte. Gegenüber der Gleichspannung lässt sich diese besser über lange Leitungen transportieren.

Zur Veranschaulichung ein einfaches Beispiel:

Wir wollen mit dem Fahrrad bei konstanter Geschwindigkeit von 20 Kilometer pro Stunde fahren. Auf einer ebenen Strecke stellt dies keine große Herausforderung dar. Doch auf dem Weg liegen Berge und Täler. Damit auch beim Anstieg unsere konstante Geschwindigkeit von 20 km/h gehalten werden kann, muss eine entsprechend höhere Kraft aufgewendet werden – wir müssen mehr in die Pedale treten. Umgekehrt verhält es sich, wenn wir in ein Tal hinunterfahren. Die Geschwindigkeit muss mit der Bremskraft gedrosselt werden – wir wollen ja auch hier unsere konstante Geschwindigkeit von 20 km/h halten.

Überträgt man dieses Beispiel wieder auf die Stromversorgung in Deutschland, so ist die Netzfrequenz unsere Geschwindigkeit, die wir mit dem Fahrrad konstant halten wollen. Diese Beständigkeit von 50 Hz, mit einem gewissen Toleranzbereich, ist von entscheidender Bedeutung. Je größer die Abweichung über oder unter diesen 50 Hz liegt, desto mehr müssen die Netzbetreiber eingreifen. Ist die Frequenz zu hoch, gibt es ein Überangebot von Strom. Der Netzbetreiber versucht dann mit so genannter „negativer Regelenergie“ den Strom aus dem Netz zu bekommen. Das geht zum Beispiel, indem Pumpspeicherkraftwerke damit beginnen, Wasser von unten nach oben zu pumpen. Alternativ können große Verbraucher wie Stahlwerke aktiviert werden. Ist die Frequenz unter 50 Hz, ist die Nachfrage höher als die Erzeugung. Dann können Pumpspeicherwerke damit beginnen, Energie zu erzeugen, Gaskraftwerke können schnell einspringen oder Großverbraucher deaktiviert werden. Das heißt dann „positive Regelenergie“. Das Worst Case Scenario bei einer erheblichen oder gar nicht zu kontrollierenden Abweichung, wäre ein regionaler bis landesweiter Stromausfall.

Einen realen Stresstest gab es am 20. März 2015, als sich in Deutschland eine partielle Sonnenfinsternis ereignete. Bereits im Vorfeld gab es vereinzelt die Befürchtung, dass der abrupte Leistungsabfall der Solarstromerzeugung sowie der spätere, rasche Wiederanstieg der Einspeisung, die Stabilität im Stromnetz erheblich beeinflussen könnte. Die Netzbetreiber trafen entsprechende Vorbereitungen. Zum einen bekamen extreme Großverbraucher, wie zum Beispiel die Aluminiumproduktion in Deutschland, eine Vergütung dafür, dass sie ihre Produktion während der Sonnenfinsternis drosselten.

Gleichzeitig bestellten die Netzbetreiber große Mengen an Regelleistung, die im Bedarfsfall von Pumpspeicherkraftwerken abgerufen werden konnte.

Schlussendlich wurde die partielle Sonnenfinsternis, als ein umfassend geplantes Ereignis, mit allen getroffenen Maßnahmen erfolgreich bewältigt. Die Leistungsgradienten (die zeitliche Abnahme bzw. Zunahme der elektrischen Leistung aus der Solarstromproduktion) bewegten sich – wenn auch am äußersten Ende – innerhalb der vorhergesagten Parameter und damit im beherrschbaren Rahmen.

Im Gegensatz zu einer Sonnenfinsternis, die exakt vorher zu sagen ist, sind die Prognosen für Wind- und Sonnenkraft nur sehr kurzfristig und weniger verlässlich. Eine 24-Stunden-Vorhersage erreicht heutzutage eine Eintreffgenauigkeit von gut 90 Prozent. Die Treffsicherheit für die kommenden drei Tage beträgt nur noch etwas mehr als 75 Prozent.

Damit diese fehlende Verlässlichkeit ausgeglichen und die konstante Netzfrequenz gehalten werden kann, treffen die Netzbetreiber mehrere Sicherungsmaßnahmen. Ein zentrales Instrument dieser Maßnahmen sind die Netzdienstleistungen, die darüber hinaus auch eine noch bessere Integration von erneuerbaren Energien aus Sonnen- und Windkraft ermöglichen. Ein Beispiel für diese Netzdienstleistungen ist das eben beschriebene Aufnehmen und Abgeben von Regelleistung zur Stabilisierung der Stromversorgung.

Regelleistung gleicht Schwankungen der Netzfrequenz aus

Bei der Regelleistung, oder auch Regelenergie genannt, kann dabei in drei Qualitätsstufen unterschieden werden:

Die Primär-, Sekundär- und Tertiärregelung. Diese sogenannte Ausgleichsenergie nimmt Strom aus dem Netz auf und / oder gibt sie wieder in das Netz ab. Schwankungen können dadurch ausgeglichen werden. Alle drei unterscheiden sich danach, wie schnell, wie viel und wie lange sie die 50 Hertz Frequenz ausgleichen müssen.

Die Primärregelenergie dient dazu, das kurzfristige Ungleichgewicht zwischen dem Angebot und der Nachfrage im Stromnetz auszugleichen. Dieser Ausgleich von +-200 mHz muss innerhalb von 30 Sekunden erfolgen und eine vergleichsweise kleine Strommenge für maximal 15 Minuten halten.

Die Sekundärregelenergie muss erst nach fünf Minuten in vollem Umfang zur Verfügung stehen. Die geforderte Höhe dieser zur Verfügung stehenden Leistung hängt diesmal vom jeweiligen regionalen Netz ab. Die Sekundärleistung muss für mindestens eine Stunde gehalten werden und kann zum Beispiel von Pumpspeicherkraftwerken erbracht werden.

Die Tertiärregelenergie oder auch Minutenreserve genannt, ist die dritte Qualitätsform der Regelenergie. Diese muss nach spätestens 15 Minuten den vollen Umfang von mindestens einem Megawatt Leistung bereitstellen und für mindestens eine Stunde halten. Tertiärregelleistungen werden ebenfalls von Pumpspeicherkraftwerken erbracht. Bei negativer Minutenreserve – wenn zu viel Energie vorhanden ist - kann diese auch durch komplette Abschaltung zum Beispiel von Kohlekraftwerken erfolgen.

Eine weitere Form der Netzdienstleistungen sind Redispatch-Maßnahmen. Das sind notwendige Eingriffe in die Stromproduktion, um die fehlenden Übertragungsnetze auszugleichen.

Redispatch-Maßnahmen gleichen die fehlenden Übertragungsnetze aus

Nehmen wir wieder unser Beispiel mit dem starken Wind in Norddeutschland. Wenn die Prognosen für den folgenden Tag Sturm und damit viel Windenergie vorhersagen, können die Netzbetreiber ihre Planungen darauf vorbereiten. Strom aus Windkraft wird zum größten Teil im Norden Deutschlands produziert, während die Industriezentren mit hohem Strombedarf im Süden sitzen. Was fehlt ist eine ausreichende Kapazität, um diesen Strom zu transportieren.

Stellen wir uns einfach eine Sanduhr vor, die im Norden und Süden gleich groß ist und in der Mitte ganz schmal. Diese Sanduhr symbolisiert den fehlenden Netzausbau in Deutschland. Wird im Norden so viel Windstrom erzeugt, dass nur ein kleiner Teil durch diese Verengung passt – es fehlen die benötigten Leitungen – muss mit Redispatch-Maßnahmen in die Stromproduktion eingegriffen werden.

Es kommt sogar zu der absurden Situation, dass die Windkraftanlagen im Norden abgeregelt oder gar abgeschaltet werden, damit das Stromnetz nicht kollabiert. Da die Bilanz ausgeglichen sein muss, müssen im Süden gleichzeitig Gaskraftwerke hochgefahren werden, um den benötigten Strombedarf weiter abdecken zu können. Für die Energiewende ist dieser Umstand ein echtes Problem. Der wertvolle Ökostrom aus Windenergie geht verloren, während gleichzeitig CO2 erzeugende Gaskraftwerke noch mehr die Umwelt belasten.

Noch dazu sind diese Redispatch-Maßnahmen richtig teuer. Allein 2015 betrug der Aufwand in Deutschland über eine Milliarde Euro. Kosten, die auf den Endverbraucher umgelegt werden.

Wie können Batteriespeicher für Netzdienstleistungen genutzt werden?

Durch die stark gesunkenen Kosten und die Reife der Technologie, gibt es neben den klassischen Instrumenten der Netzdienstleistung auch zunehmend die Möglichkeit Batteriespeicher wie die sonnenBatterie einzusetzen. Das können lokale Großspeicher im Megawatt-Bereich sein oder seit neuestem auch dezentrale Netzwerke wie die sonnenCommunity. Batteriespeicher haben den großen Vorteil, dass sie sekundenschnell reagieren können - schneller als jede andere Technologie. Außerdem können sie sowohl überschüssige Energie speichern, als auch gespeicherte Energie zur Verfügung stellen. Die Speicher funktionieren also in beide Richtungen.

In der deutschlandweit vernetzten sonnenCommunity kann sonnen jederzeit auf tausende Heimspeicher zugreifen und so aus vielen kleinen Speichern einen großen, virtuellen Großspeicher bilden, der verschiedene Netzdienstleistungen erbringen kann. Die teilnehmenden Speicherbesitzer erhalten dafür zum Beispiel kostenlosen Strom mit dem sonnenFlat-Tarif.

Eine dieser Aufgaben ist das Aufnehmen und Abgeben von Primärregelenergie. Dabei hilft sonnen, dass die 50 Hertz Netzfrequenz im Stromnetz aufrechterhalten werden kann.

Bisher wird diese Dienstleistung hauptsächlich von Pumpspeicherkraftwerken übernommen, die etwa bei Staudämmen oder bei sehr nahe aneinander gelegenen Seen mit unterschiedlichen Höhen zu finden sind. Ein Pumpspeicherkraftwerk verfügt in der Regel über ein oberes Speicherbecken und ein unteres Tiefbecken. Ist zu viel Energie im Netz vorhanden, kann durch das Hinaufpumpen von Wasser der überschüssige Strom verbraucht werden. Wird wieder Energie benötigt, kann das Wasser kontrolliert nach unten fließen und mittels angetriebener Turbinen und Generatoren den benötigten Strom – positive Regelenergie – erzeugen.

Das Problem ist, dass diese Kraftwerke naturgemäß nur an bestimmten Stellen und mit großem Aufwand errichtet werden können. Hinzu kommt, dass die aufgenommene negative Regelenergie nur verbraucht und nicht für die spätere Abgabe vorgehalten werden kann.

Der Einsatz von digital vernetzen, dezentralen Batteriespeicher bietet hier einen immensen Kostenvorteil und kann im Gegensatz zum Pumpspeicherkraftwerk sogar in Sekundenschnelle für die Regelleistung zur Verfügung stehen.

Eine weitere Dienstleistung mit Batteriespeichern sind die Redispatch-Maßnahmen. Diese sind gefragt, wenn an einem besonders windigen Tagen mehr Strom produziert wird, als die Netze von Norden nach Süden transportieren können.

Hier arbeitet sonnen an einer effizienteren und kostengünstigeren Lösung. Zusammen mit dem Übertragungsnetzbetreiber TenneT und dem US IT-Konzern IBM hat sonnen eine Kooperation gestartet. Mittels der Blockchain-Technologie werden tausende, digital vernetzte sonnenBatterien für Redispatch-Maßnahmen in das Stromnetz eingebunden.

Jedes Mal, wenn wieder zu viel Windenergie produziert wird und die Kapazität der Übertragungsnetze nicht mehr ausreicht, nehmen die sonnenBatterien im Norden Deutschlands (vor der enger werdenden Sanduhr) diesen sauber produzierten Strom auf. Gleichzeitig geben die am Batterie-Pool teilnehmenden sonnenBatterien weiter im Süden Strom in das öffentliche Netz ab. Die Versorgung der Industriezentren wird mit dieser Netzdienstleistung sinnvoll unterstützt.

Diese Lösung ist für den Endverbraucher nicht nur kostengünstiger, vor allem müssen keine Windkraftanlagen abgeriegelt werden. Der wertvolle Strom aus erneuerbaren Energien geht nicht verloren und schadstoffreiche Gas- und Kohlekraftwerke müssen nicht hochgefahren werden.

Doch nicht nur die Netzbetreiber und die Gesellschaft profitieren von diesen Lösungen. Für jeden Besitzer einer sonnenBatterie bedeutet die Teilnahme an sonnens Batterie-Pool bares Geld. Denn im Gegenzug erhalten die Teilnehmer kostenlosen Strom. Die eigene, dezentrale Energieerzeugung aus PV und Speicher wird dadurch noch wirtschaftlicher.

In den kommenden Jahren wird der Anteil der erneuerbaren Energie, und damit auch die Schwankungen im Stromnetz, immer weiter zunehmen. Für die Netzbetreiber bedeutet dies, dass sie immer öfter auf solche Netzdienstleistungen zurückgreifen und dabei natürlich auch auf die Kosten achten müssen.

Die Energiewende in Deutschland soll schließlich allen Menschen den Zugang zu sauberer und bezahlbarer Energie ermöglichen.

Die Netzdienstleistungen mit Batteriespeichern bieten hier einen ganz entscheidenden Vorteil. Zum einen können die Netzbetreiber auf eine sehr flexible und schnelle Lösung zurückgreifen. Darüber hinaus ist ein solcher Batterie-Pool zum Ausgleich von Schwankungen aber vor allem deutlich kostengünstiger als die bisherigen Instrumente.

Die Teilnehmer aus der sonnenCommunity profitieren dadurch gleich mehrfach. Neben der eigenen, sauberen Energieversorgung und der Möglichkeit den Strom mit anderen Mitgliedern zu teilen, können sie durch die Netzdienstleistungen noch zusätzliche Erträge generieren. Die eigene dezentrale Energieversorgung wird dadurch noch wirtschaftlicher.