sonnenVPP: So hilft unser virtuelles Kraftwerk Gas zu sparen
Am ersten Januarwochenende 2023 hatte die Bundesnetzagentur gute Nachrichten: Für den Rest des Winters sei kein Gasmangel mehr zu befürchten, da die Speicher in Deutschland zu mehr als 90 % gefüllt seien. Eine Leistung, die Netzagenturchef Müller vor allem jenen zurechnet, die sparsam Gas verbraucht haben ¹. Einen Teil dazu beigetragen hat auch die sonnenCommunity. Denn das sonnenVPP, das virtuelle Kraftwerk von sonnen, kann dazu beitragen, dass weniger Gaskraftwerke zum Einsatz kommen, um Strom zu erzeugen. Wie das funktioniert und warum ein riesiges Potential darin steckt, lesen Sie in diesem Blog-Artikel.
Der Markt regelt – auch bei Strom
Angebot und Nachfrage, diese beiden Faktoren regeln in der Theorie jeden Markt. Auch der Markt für Strom funktioniert so. Doch was passiert mit dem Strompreis, wenn der Gashahn zugedreht wird, wie es 2022 der Fall war? Gaskraftwerke können durch ihre flexible Fahrweise schnell angeschaltet werden und Energie liefern. Nötig ist das zum Beispiel, wenn Deutschland morgens aufsteht. Viele Haushalte brauchen gleichzeitig Strom: Für warmes Wasser zum Duschen, zum Kaffee kochen und im Winter natürlich für Licht. Diese Phasen, in denen besonders viele Haushalte Strom nutzen, nennt man Spitzenlastzeiten. Zu diesen Zeiten ist der Preis für Strom besonders hoch.
Spitzenlastzeiten fallen vor allem in die Morgen- und Abendstunden, wenn viele Menschen zu Hause sind und Energie benötigen. Zu Spitzenlastzeiten ist die Nachfrage nach Strom besonders hoch, was auch den Preis in die Höhe treibt. In folgender Grafik zeigt das die graue Kurve.
Wenn noch keine Sonne scheint oder es bereits dunkel ist, steht nur Energie aus Windanlagen, Atom-, Wasser-, Kohle, Gas- und Ölkraftwerken bereit. Es wird viel Energie gebraucht, daher müssen auch viele dieser Quellen angezapft werden. Und zwar in einer bestimmten Reihenfolge, die eine möglichst kostengünstige Stromversorgung gewährleistet. Diese Reihenfolge nennt sich Merit Order.
Wie funktioniert die Merit Order?
Angebot und Nachfrage sind ein einfaches System, steigende Preise zu erklären. Mit der sogenannten Merit Order wird die Preisgestaltung am Strommarkt noch klarer. Sie beschreibt die Reihenfolge der Kraftwerke, die auf einem Stromhandelsplatz eingesetzt werden, um eine möglichst wirtschaftliche Stromversorgung zu erzielen. Als Erstes stehen in dieser Reihenfolge Kraftwerke, die günstig Strom produzieren, z. B. erneuerbare Energien. Können diese den Bedarf nicht mehr decken, wird Energie aus dem nächsten Kraftwerk in der Merit Order eingekauft usw. Am Ende der Merit Order stehen Kraftwerke, die Strom nur mit hohen Kosten pro Kilowattstunde produzieren können. Dies sind oft auch Gaskraftwerke. Das Kraftwerk, welches die letzte benötigte Megawattstunde liefert, wird Grenzkraftwerk genannt und bestimmt den Preis für alle anderen Kraftwerke, die in der Merit Order vor dem Grenzkraftwerk Strom lieferten. Sinn dahinter ist der Anreiz für Stromproduzenten, möglichst kostengünstig Strom zu produzieren. Je weiter vorne Stromproduzenten in der Merit Order stehen, desto stärker profitieren sie vom Preis, den das Grenzkraftwerk festlegt.
Zu Spitzenlastzeiten braucht es mehr Kraftwerke, um die Nachfrage zu decken. Gaskraftwerke stehen in der Merit Order weiter hinten, da die Kosten für die Stromerzeugung im Vergleich hoch sind, zur Zeit der Gasmangellage sogar sehr hoch. In Spitzenlastzeiten wird aber viel Energie benötigt, so dass oft ein Gaskraftwerk das Grenzkraftwerk ist, welches den Preis bestimmt. Das bedeutet, dass auch der eigentlich günstige Solar- oder Windstrom teurer wird, als er tatsächlich ist. So entsteht die Abhängigkeit des Strompreises vom Gaspreis.
Insbesondere Ende 2022 spitzte sich diese Abhängigkeit zu. Es kam zu einem extremen Preisanstieg für Energie. Die Ursachen waren vielfältig: der Krieg in der Ukraine, die sehr trockene Wetterlage im Sommer und der Ausfall von Atomkraftwerken in Frankreich. Diese Faktoren beeinflussten die Merit Order bzw. den Strompreis des Grenzkraftwerkes. Mit Beginn des Krieges in der Ukraine im Februar 2022 wurde Gas so teuer, dass Gaskraftwerke zum Preistreiber für Energie wurden.
Wie das sonnenVPP hilft, unabhängiger von Gaskraftwerken zu werden
Wenn Angebot und Nachfrage den Preis regeln, hat das die logische Konsequenz, dass Strom beispielsweise in der Nacht günstiger ist, wenn die meisten Menschen schlafen und wenig Energie benötigen. Insbesondere Strom aus Windkraftanlagen kann aufgrund dessen in der Nacht nicht abgenommen werden. Die Anlagen werden gedrosselt oder ganz heruntergefahren, um das Stromnetz nicht zu überlasten. Damit wird jede Menge sauberer und günstiger Energie, die nachts produziert werden könnte, gar nicht erst produziert.
Hier kommt das virtuelle Kraftwerk sonnenVPP ins Spiel. Es verbindet alle teilnehmenden sonnenBatterien zu einem virtuellen Kraftwerk, zu einer großen Batterie sozusagen. Das sonnenVPP kann nicht nur auf verschiedene Weisen das Stromnetz unterstützen und damit Einnahmen erwirtschaften, an dem die teilnehmenden Kunden beteiligt werden. Darüber hinaus hilft das sonnenVPP dabei, die Spitzenlast unserer Community zu senken, mehr erneuerbare Energien in den Strommix zu integrieren und die Stabilität des Stromnetzes zu gewährleisten. Durch Senkung der Spitzenlast wird zu Spitzenlastenzeiten somit weniger Strom benötigt – und in der Regel auch weniger Strom von Gaskraftwerken.
Konkret arbeitet das sonnenVPP vor allem im Winter mit folgender kurzfristiger Beschaffungsstrategie, der sogenannten Spot-Optimierung: Es wird Strom am Energiemarkt zu den Tageszeiten eingekauft, wenn der Strompreis niedrig ist. In der untenstehenden Grafik steigt der Netzbezug (in Gelb) um 3 Uhr an. Der Preis (in Grau) ist zu dieser Zeit noch niedrig. Der eingekaufte Netzstrom wird in den vernetzten sonnenBatterien zwischengespeichert. Das macht vor allem im Winter Sinn, da es häufig ein großes Angebot an Windstrom gibt und viele Stromspeicher nicht vollständig durch Energie aus der Solaranlage gefüllt sind. sonnenFlat Kunden können diesen Strom dann in ihrer sonnenBatterie speichern und zu einem späteren Zeitpunkt selbst nutzen. Dies wird gegen 7 Uhr in der gelben Kurve sichtbar: Der Netzbezug sinkt deutlich, sie müssen weniger Strom aus dem Netz beziehen, wenn die Preise wieder höher sind. In der Grafik wird der Netzbezug ohne Optimierung in Blau und der Netzbezug durch die Optimierung in Gelb dargestellt.
Neben niedrigeren Strombeschaffungskosten ist die Absenkung der Spitzenlast ein entscheidender Effekt dieser Strategie. Mit zunehmender Größe des sonnenVPPs und den damit verbunden Haushalten wächst dieser Effekt weiter. Denn besonders im Winter würden die Haushalte mit einer sonnenBatterie morgens zur kritischen Spitzenlastzeit ebenfalls Strom aus dem Netz beziehen. Da das sonnenVPP die sonnenBatterien allerdings so steuern kann, dass sie sich bereits in der Nacht mit günstigem Strom beladen, belasten diese Haushalte das Netz morgens nicht zusätzlich, da sie den gespeicherten Strom aus ihrer Batterie nutzen statt des teuren Netzstroms. Durch die Verschiebung des Netzbezuges reduziert das sonnenVPP die Spitzenlast zu Tagesbeginn und ermöglicht die Nutzung von mehr erneuerbarer Energie in der Nacht.
sonnenBatterien sind aufgrund ihrer Batterietechnologie so ausgelegt, dass sie diese Beschaffungsstrategie unterstützen, ohne an Qualität einzubüßen. Die sonnenBatterie ist langlebig. So langlebig, dass sie sowohl einen Haushalt versorgen als auch am sonnenVPP teilnehmen kann. Mehr dazu lesen Sie im verlinkten Blog-Artikel.
Zusammengefasst hat die gezeigte Beschaffungsstrategie, mit der wirtschaftlich optimiert Strom aus dem Netz bezogen wird, also verschiedene Vorteile (wenn man es in einem großen Rahmen denkt): Die Nachfrage lässt sich besser mit dem Angebot synchronisieren, so dass der Strombedarf wahrscheinlicher mit den vorderen Kraftwerken in der Merit Order gedeckt werden kann. Teure und fossile Kraftwerke wie Kohle und Gas werden seltener gebraucht und angefragt. Daher würden sie auch nicht den Strompreis bestimmen.
Das kann einen großen Beitrag für die Energiewende leisten und die Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern erhöhen. Für die sonnenCommunity bedeutet es, dass die Preiseffekte am Strommarkt optimal für sie genutzt werden. Das kann u. a. dazu beitragen, dass der Strompreis für alle günstiger gehalten werden kann als ohne diese Strategie.
Smart Meter sind entscheidend für die Energiewende: sonnen treibt den Ausbau voran
Für die Arbeit unseres virtuellen Kraftwerks sind intelligente Messsysteme (iMsys), sogenannte Smart Meter, essenziell, denn sie liefern Stromlieferanten, Netzbetreibern und somit dem gesamten Strommarkt die Daten, mit denen die oben genannte Beschaffungsstrategie überhaupt erst gestaltet werden kann. Die genaue Messung im 15-Minuten-Takt ist die rechtliche und technische Voraussetzung, damit Angebot und Nachfrage korrekt bedient werden können. Intelligente Messsysteme sind außerdem die Voraussetzung, damit das virtuelle Kraftwerk von sonnen Netzdienstleistungen anbieten und somit zur Systemstabilität und der Entlastung von Spitzenlastzeiten beitragen kann.
Intelligente Messsysteme sind damit ein entscheidender Faktor beim Ausbau der erneuerbaren Energien, der Umsetzung der Klimaziele und der Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern. Smart Meter ermöglichen präzisere Prognosen und eine wirtschaftlichere Gestaltung des Strommarktes für alle. Aber: Nur ein Bruchteil der deutschen Haushaltsstromkunden waren 2021 mit intelligenten Messsystemen ausgestattet.² sonnen treibt seit Jahren zusammen mit wettbewerblichen Messdienstleistern den Einbau dieser iMSys bei unseren Kunden voran. Doch der Einbau ist aufwendig und bürokratisch. Es gibt nur wenige zertifizierte Hersteller von intelligenten Messsystemen und auch diese haben mitunter Lieferschwierigkeiten. Auch die Installateure müssen zertifiziert sein und sich an die strengen Vorschriften des Bundesamtes für die Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) halten.
Dieser Winter hat gezeigt, dass die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern eine kritische Dynamik in den Strompreisen auslösen kann. Durch vereinte Kräfte, mildes Wetter und die sukzessive Wiederzuschaltung von Atomenergie aus Frankreich konnte die Gasmangellage abgewendet werden. Doch der nächste Winter kommt. Der Rahmen zum Smart Meter Rollout muss daher rechtlich und technisch von der Politik so gesteckt werden, dass dieser mit höherer Geschwindigkeit erfolgen kann. Denn nur auf diese Art und Weise lassen sich Angebot und Nachfrage im Strommarkt so abstimmen, dass mehr erneuerbare Energien genutzt werden und die Strompreise sinken können. Ein beschleunigter Smart Meter Rollout ist ein Gewinn für alle.
Die Speicherung von Strom aus erneuerbaren Quellen ist eine große Herausforderung, hat aber auch riesiges Potenzial: Der aktuelle Szenariorahmen der Bundesnetzagentur³ prognostiziert in mehreren Szenarien bis 2037 und 2045 eine Kapazität an PV-Batteriespeichern von 67 bis 113 Gigawatt. Das entspricht grob gesagt der Leistung von 67 bis 113 Kohle- oder Atomkraftwerken. Die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen wird auf 565 bis 703 Gigawatt geschätzt. Diese große Menge an sauberem Strom kann nur dann vollständig genutzt und gespeichert werden, wenn die Stromspeicher auf Basis von Smart Meter Daten intelligent gesteuert werden können.
Wir bei sonnen stehen jeden Tag auf, um die Zukunft der Energiewende schon heute möglich zu machen. Wir arbeiten daran, dass das sonnenVPP weiter wächst und wir zusammen mit unseren Kunden in der sonnenCommunity einen immer größeren Beitrag dazu leisten können, mehr günstigen Strom aus erneuerbaren Energien zu speichern und zu nutzen. So machen wir uns unabhängiger von fossilen Energieträgern und geopolitischen Abhängigkeiten. Um das zu erreichen, brauchen wir mehr Smart Meter, damit mehr sonnenBatterien vollständig in das sonnenVPP integriert werden, wir noch größere Kapazitäten für Netzdienstleistungen zur Verfügung stellen und mit cleveren Beschaffungsstrategien dafür sorgen können, gute Strompreise für unsere Kunden zu erwirtschaften. Dazu muss sich der Rechtsrahmen weiter so entwickeln, dass jeder, der einen Smart Meter will, einfach, schnell und günstig auch einen bekommt.
Quellen: