Bidirektionales Laden: Ersetzen E-Autos zukünftig Stromspeicher?
Das bidirektionale Laden von E-Autos ist mit Blick in unsere Energiezukunft in aller Munde und viel diskutiert. Wie funktioniert bidirektionales Laden und eine bidirektionale Wallbox? Können E-Autos langfristig lokale Heimspeicher ersetzen? Die passenden Antworten, warum die Technologie dahinter aktuell noch nicht ausgereift ist und wir bei sonnen von einem Ersatz nach dem heutigen Stand abraten – das lesen Sie in folgendem Artikel.
Wie funktioniert bidirektionales Laden?
Bidirektionales Laden, auch bekannt als „Bidi-Laden”, wird der technische Vorgang genannt, der es Elektroautos ermöglicht, nicht nur elektrische Energie zu speichern, sondern die gespeicherte Energie bei Bedarf über die Ladeinfrastruktur auch wieder in das Stromnetz oder den Haushalt einzuspeisen. Diese Technologie wird zum aktuellen Zeitpunkt im Jahr 2024 noch nicht breit angewendet, da es nur wenige geeignete Elektroautos und Ladeinfrastrukturen wie Wallboxen gibt, die diese Energierückspeisung technisch ermöglichen. Das heißt, die wenigsten E-Autos können heute bidirektional laden.
Welche E-Auto-Modelle bereits heute ein bidirektionales Laden ermöglichen? Eine erste Übersicht finden Sie hier vom ADAC.
Die Vorstellung ist verlockend: Mit dem E-Auto Solarstrom laden, der später bei Bedarf auch wieder im Haushalt genutzt werden kann. Der Begriff dafür ist Vehicle-to-Home (V2H). Eine weitere Anwendung des bidirektionalen Ladens besteht darin, dass Elektroautos in ausreichender Anzahl die Schwankungen im Stromnetz zwischen Angebot und Nachfrage ausgleichen können. Dabei spricht man von Vehicle-to-Grid (V2G). Das bidirektionale Laden ermöglicht also einen Energieaustausch in zwei Richtungen, sodass der Strom nicht nur in die Batterie des Elektroautos fließen, sondern auch über die Wallbox wieder in den Haushalt oder ins Netz zurückfließen kann. Das bietet ein enormes Potenzial für die jederzeit sicherzustellende Stabilität im deutschen Stromnetz.
Für die Nutzung einer E-Auto-Batterie zum bidirektionalen Laden ist jedoch ein Zwischenschritt erforderlich. Da Elektroautos mit Gleichstrom fahren, während im Haushalt nur Wechselstrom genutzt wird, muss der Wechselstrom beim Laden in Gleichstrom umgewandelt werden. Soll der Strom zurück ins Netz gespeist werden, muss er erneut in Wechselstrom umgewandelt werden. Dies geschieht durch einen Wechselrichter, der entweder direkt im Auto oder in der Wallbox installiert ist.
Was ist eine bidirektionale Wallbox?
Eine bidirektionale Wallbox ist eine intelligente Ladestation für Elektrofahrzeuge, die über eine Rückflussfunktion verfügt. Die Funktion ermöglicht eine flexible Nutzung des gespeicherten Stroms. Wann immer das E-Auto geparkt und an die Wallbox angeschlossen ist, lässt es sich somit als (zusätzlichen) Stromspeicher nutzen.
Derzeit existieren nur wenige Anbieter von Ladestationen bzw. Wallboxen, die bidirektionales Laden unterstützen. Denn bisher sind nur DC-Wallboxen mit einem Gleichstromanschluss für das bidirektionale Laden geeignet. Damit bidirektionales Laden zukünftig sowohl DC- als auch AC-seitig möglich wird, ist die flächendeckende Implementierung von Smart Meter Gateways, den intelligenten Messsystemen, und des Kommunikationsstandards ISO 15118.20 notwendig. Laut dem ADAC werden Wallboxen, die bidirektionales Laden ermöglichen, schätzungsweise zunächst drei- bis viermal teurer als herkömmliche Modelle sein.
Welche Vorteile entstehen durch das bidirektionale Laden von E-Autos?
Die Batterien von Elektroautos haben eine hohe Kapazität von bis zu 100 kWh. Sind sie zum bidirektionalen Laden in der Lage, könnten Elektroautos überflüssigen Strom für den Haushalt bereitstellen oder zur Stabilisierung des Stromnetzes dienen.
Wenn Millionen Elektroautos in Abhängigkeit von Angebot und Nachfrage im Stromnetz laden und entladen können, könnte das bidirektionale Laden einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten. Jedoch ist das aktuell noch eine Zukunftsvision, da bidirektionales Laden einige technische Erfordernisse und Herausforderungen mit sich bringt.
Warum ist bidirektionales Laden kein Ersatz für einen Stromspeicher?
sonnen ist seit vielen Jahren einer der führenden Stromspeicher-Hersteller Deutschlands. Dank bewährter Technologie und höchster Qualität vertrauen inzwischen über 140.000 Haushalte auf die sonnenBatterie. Warum wir die Nutzung eines E-Autos nicht als Ersatz für einen lokalen Stromspeicher mittels bidirektionalem Laden ansehen? Das lesen Sie hier.
- Das E-Auto ist nicht rund um die Uhr verfügbar
Während der stationäre Hausspeicher an einem festen Standort installiert ist, ist der Zweck des Autos, mobil zu sein. Die Möglichkeit, das Elektroauto mit selbst erzeugtem Solarstrom zu laden, besteht aber nur, wenn das Auto zu Hause steht. Wer nicht permanent zu Hause ist, ist oft genau zu den falschen Zeiten mit dem Auto unterwegs, nämlich tagsüber, wenn die Sonne scheint. Der überschüssige PV-Strom kann dann nicht optimal für den Eigenbedarf im Haus genutzt werden, sondern wird zu den derzeit niedrigen Einspeisevergütungen in das Stromnetz eingespeist.
Mit einem Heimspeicher kann der überschüssige PV-Strom tagsüber gespeichert werden, um ihn z. B. in den Abendstunden zu nutzen und so den abendlichen Strombezug zu minimieren. Durch die Nutzung des Elektroautos als Speicher geht also ein entscheidender Vorteil stationärer Batterien verloren: die Möglichkeit, die eigene Energie jederzeit zu speichern, wenn sie nicht unmittelbar benötigt wird. Auch das Auto unterwegs zu laden, um den Strom dann Zuhause zu verbrauchen, macht wenig Sinn. Denn zum einen ist extern geladener Strom teurer als der selbst produzierte, kostenlose PV-Strom, zum anderen muss das Auto dann am nächsten Tag erneut aufgeladen werden, was sich auf die Lebensdauer der Batterien auswirkt (siehe Punkt 2).
- Zusätzliche Ladezyklen nutzen die E-Auto-Batterie stark ab
Batterien für E-Autos sind für den mobilen Einsatz, schnelles Laden und eine hohe Energiedichte ausgelegt. Daher kommen bei Elektroautos meist Zelltechnologien zum Einsatz, die schnelle, dafür aber wenige Ladezyklen begünstigen (beispielsweise kobalthaltige NMC-Technologie). Wer das E-Auto nicht nur zum Fahren, sondern auch als Stromspeicher nutzt und es dafür entlädt, belastet die Batterie mit zusätzlich Ladezyklen, die über den vorgesehenen Anwendungsfall hinausgehen. Die sonnenBatterie mit der Lithium-Eisenphosphat Technologie (LFP) lädt im Vergleich langsamer, ist dafür aber langlebiger und robuster. Wir garantieren, dass unsere sonnenBatterien nach 10 Jahren bzw. 10.000 Ladezyklen noch 80 % Kapazität haben, während bei E-Autos aktuell häufig von 500 bis 1.500 Ladezyklen oder 8 Jahren Garantie die Rede ist.
Bei der Verwendung des E-Autos als bidirektionaler Speicher kann es zusätzliche Einschränkungen bei der Nutzungsdauer geben. So ist beispielsweise das Entladen bei einer großen deutschen Automarke fahrzeugseitig auf maximal 10.000 kWh oder 4.000 Betriebsstunden begrenzt. Für eine sinnvolle und nachhaltige Nutzung im Haushaltsbereich ist dies noch deutlich zu wenig. Daran wird deutlich, dass Autohersteller ihre Batterien nicht den gleichen Anforderungen aussetzen wollen, wie das bei Heimspeichern üblich ist. Aktuell gibt es bereits mehrere Hersteller wie z. B. BMW, VW, Nissan, Volvo, Skoda oder Tesla, die bidirektionales Laden anbieten.
- Regelmäßiges bidirektionales Laden lohnt sich finanziell nicht
Bis zur flächendeckenden und effizienten Umsetzung der bidirektionalen Ladetechnologie ist es noch ein weiter Weg. Nur sehr wenige Fahrzeugmodelle sind derzeit für das bidirektionale Laden ausgerüstet. Da die Technologie noch nicht ausgereift ist, könnten diese schon bald technisch überholt sein. Die dazugehörigen bidi-fähigen Ladegeräte sind aktuell nicht nur schwer zu bekommen, sondern auch mit hohen Anschaffungskosten verbunden. Hinzu kommt die schnellere Abnutzung der Batterie durch den täglichen Gebrauch als Heimspeicher, was sich nicht nur auf den Wiederverkaufswert des Autos, sondern auch die Rentabilität auswirkt. Effektiv macht das einen Ladezyklus mit einer Autobatterie verhältnismäßig teuer und unwirtschaftlich.
Wie sieht die Zukunft des bidirektionalen Ladens aus?
Auch wenn bidirektionales Laden mit E-Autos in ferner Zukunft zum Standard werden wird, ist es beim aktuellen Stand der Technik nicht ratsam, einen Heimspeicher durch ein E-Auto zu ersetzen. Eine für breite Käuferschichten relevante Markteinführung von bidi-fähigen Fahrzeugen dürfte noch einige Jahre dauern, sodass es aus heutiger Sicht wenig sinnvoll ist, auf diese Technologie zu warten.
Wer sich dennoch ein bidi-fähiges Fahrzeug anschaffen will, dem empfehlen wir aktuell ein Zusammenspiel aus Heimspeichern und E-Auto. Der Heimspeicher kann flexibel und ohne zusätzliche Abnutzung Solarstrom zur optimalen Eigenversorgung speichern und abgeben. Das bidirektionale Fahrzeug kann zusätzlich unterstützen, bspw. als zusätzlicher Backup bei Stromausfällen oder zur Erhöhung des eigenen Autarkiegrads.
Als Vorreiter bei der intelligenten und vernetzten Nutzung von Batterien arbeiten wir daran, bidirektionales Laden mit dem Elektroauto in Zukunft als attraktive Lösung anzubieten, sobald die Technologie ausgereifter und wirtschaftlicher ist. Denn jeder zusätzliche Energiespeicher entlastet das Netz und ist wichtig für das Gelingen der Energiewende.
Mit dem sonnenCharger und der sonnenBatterie ermöglichen wir bereits heute smartes und kosteneffizientes Laden von E-Autos, auch ohne bidirektionale Ladefunktion, durch Nutzung des eigenen PV-Stroms oder günstiger Netzzeiten. Dies ist mit den heute verfügbaren Technologien der beste Weg, das E-Auto in das eigene Energiesystem einzubinden. Hierbei wird die E-Auto-Batterie nicht zusätzlich belastet, da der Strom nur zum Fahren verwendet und ohnehin geladen wird.
In Kombination mit dem sonnenVPP können durch smartes Laden auch Lastspitzen im Netz geglättet und Frequenzschwankungen ausgeglichen werden, wie unsere Pilotphase mit dem Übertragungsnetzbetreiber Tennet Anfang 2023 gezeigt hat. So können wir schon heute E-Autos als Speicher sinnvoll für die Energiewende nutzen. Das heißt, auch mit einfachem, aber gesteuertem Laden lassen sich heute finanzielle Vorteile erwirtschaften, ohne die Batterie des Fahrzeugs zusätzlich abzunutzen.
Jetzt schon bereit für die Zukunft: Wir begrüßen den sonnenCharger neu in unserem virtuellen Kraftwerk. Mehr zur Integration von E-Autos in das virtuelle Kraftwerk sonnenVPP lesen Sie hier.
Übrigens: Wenn Sie erfahren möchten, wie Sie mit unserem Charger durch automatisierte Phasenumschaltung Ihren Eigenstromverbrauch durch PV-Überschussladen erhöhen, lesen Sie gerne unseren dazu verlinkten Artikel.